Avignon
Stadt und Gemeinde in der Provence in Südfrankreich / aus Wikipedia, der freien encyclopedia
Liebe Wikiwand-AI, fassen wir uns kurz, indem wir einfach diese Schlüsselfragen beantworten:
Können Sie die wichtigsten Fakten und Statistiken dazu auflisten Avignon?
Fass diesen Artikel für einen 10-Jährigen zusammen
Avignon [aviˈɲɔ̃] (okzitanisch Avinhon bzw. Avignoun [aviˈɲũn]) ist eine Stadt und Gemeinde in der Provence in Südfrankreich am östlichen Ufer der Rhône mit 90.330 Einwohnern (Stand 1. Januar 2021), von denen etwa 15.000 innerhalb der Stadtmauern wohnen. Avignon ist Sitz der Präfektur und die größte Stadt des Départements Vaucluse.
Avignon | ||
---|---|---|
Staat | Frankreich | |
Region | Provence-Alpes-Côte d’Azur | |
Département (Nr.) | Vaucluse (Präfektur) (84) | |
Arrondissement | Avignon | |
Kanton | Avignon-1, Avignon-2, Avignon-3 | |
Gemeindeverband | Grand Avignon | |
Koordinaten | 43° 57′ N, 4° 48′ O43.9486111111114.8083333333333 | |
Höhe | 10–122 m | |
Fläche | 64,91 km² | |
Bürgermeister | Cécile Helle | |
Einwohner | 90.330 (1. Januar 2021) | |
Bevölkerungsdichte | 1.392 Einw./km² | |
Postleitzahl | 84000 | |
INSEE-Code | 84007 | |
Website | www.avignon.fr | |
Das historische Zentrum rund um den Papstpalast (franz.: Palais des Papes) |
Da Avignon von 1309 bis 1376 – und während des nachfolgenden Abendländischen Schismas – Sitz des Papstes war, trägt es den Beinamen „Stadt der Päpste“. Die Altstadt von Avignon mit ihren prachtvollen mittelalterlichen Bauten ist von einer intakten Befestigungsmauer umgeben. Mit dem gotischen Papstpalast (Palais des Papes) aus dem 14. Jahrhundert, der Bischofsanlage, dem Rocher des Doms und der berühmten Brücke, dem Pont Saint-Bénézet, zählt Avignons Altstadt zum UNESCO-Weltkulturerbe. Die Brücke ist vor allem durch das französische Volkslied Sur le pont d’Avignon bekannt.
Künstlerisch-kulturell ist die Stadt durch das Festival von Avignon über Frankreich hinaus bekannt. Im Jahr 2000 war Avignon zudem Kulturhauptstadt Europas.
Lage
Avignon befindet sich am Zusammenfluss der Rhône und der Durance, die im Süden der Gemeinde entlang fließt und auch die Grenze zum Département Bouches-du-Rhône bildet. Die Rhône befindet sich westlich der Gemeinde und bildet die Grenze zum Département Gard.
Nachbargemeinden
Benachbart liegen im Osten und Norden die Gemeinden Caumont-sur-Durance, Morières-lès-Avignon, Le Pontet und Sorgues.
Im Westen grenzt Avignon an die zum Département Gard gehörenden Gemeinden Villeneuve-lès-Avignon und Les Angles, während im Süden das Département Bouches-du-Rhône mit den Gemeinden Barbentane, Rognonas, Châteaurenard und Noves liegt.
Die nächsten größeren Städte sind Orange (im Norden), Nîmes und Montpellier (im Südwesten), Arles (im Süden), Salon-de-Provence und Marseille (im Südosten).
Geologie
Die Region, in der sich Avignon befindet, ist sehr reich an Kalkstein. Besonders häufig kommt die „molasse burdigalienne“ vor, aus der zum Beispiel die heutige Stadtmauer von Avignon gebaut wurde.[1]
Die bedeutendste kalkhaltige Erhebung vom urgonischen Typ ist der Rocher des Doms innerhalb der Stadtmauern. Das kalkhaltige Massiv ist rund um die Gemeinde verteilt (Massif des Angles, Villeneuve-lès-Avignon, Alpilles) und zum Teil das Ergebnis der Ozeanisierung der ligurisch-provenzalischen Senke, die der Bewegung des korsisch-sardischen Kontinentalblockes folgte.[1]
Eine andere Erhebung von Avignon ist der bewaldete Hügel von Montfavet im Osten der Gemeinde.[1]
Das Rhônetal weist alte Alluvialböden auf: Ein Großteil des Erdbodens wird dort von einer lockeren Ablagerung bedeckt, die sich aus sandigem Schluff zusammensetzt. Dieser ist mehr oder weniger durch Kieselsteine gefärbt, die hauptsächlich aus Silikatgestein stammen. Die Inseln der Rhône, darunter die Île de la Barthelasse, sind durch Anhäufung von angeschwemmten Ablagerungen und durch Eingreifen des Menschen entstanden. Das Relief ist nicht sehr stark ausgeprägt, doch sind die entstandenen Erdhügel in der Lage, bei Hochwasser die Inseln ausreichend zu schützen.[1]
Als Böden findet man in der Umgebung der Stadt vor allem Lehm, Schlick, Sand und Kalk.[1]
Wie das Auftreten von Spalten im kalkhaltigen Substrat zeigt, gab es in den verschiedenen geologischen Zeitaltern tektonische Aktivitäten, die Erdbeben ausgelöst haben. Die letzte Erderschütterung von bedeutendem Ausmaß fand am 11. Juni 1909 statt.[2] Spuren davon sind noch im Stadtzentrum und am deutlichsten am Glockenturm der Augustinerkirche in der Rue Carreterie sichtbar, der als Folge der Erderschütterung leicht geneigt steht.
Hydrographie
Die Rhône führt am westlichen Stadtrand vorbei, ist aber in zwei Arme geteilt: man spricht von der „kleinen Rhône“ oder dem „toten Arm“ für den Teil, der Avignon berührt und von der „großen Rhône“ oder „lebendigem Arm“ für den westlichen Teil, der Villeneuve-lès-Avignon im Département Gard streift. Dazwischen befindet sich eine Reihe von Inseln, darunter die Île de la Barthelasse als größte. Parallel zur Rhône wurde ein Kanal angelegt.
Die Ufer der Rhône und die Insel von Barthelasse können während des Herbstes und Mitte März von Hochwasser betroffen sein. Maurice Champion erwähnte 1861 einige davon.[3] Das Hochwasser von 1856, das einen Teil der Stadtmauern zerstörte, war eines der verheerendsten. Weitere traten 1935[4] und im Januar 1955[5] auf. Die Hochwasser stellen auch heute noch ein ernstzunehmendes Problem dar, wie zuletzt die Überschwemmung vom 2. Dezember 2003[6] gezeigt hat. Aus diesem Grund wurde auch eine neue cartographie du risque[7] erstellt.
Die Durance, die an der Südgrenze der Gemeinde entlang fließt, mündet in die Rhône und markiert die Grenze zum Département Bouches-du-Rhône.
In der Gemeinde Avignon gibt es mehrere natürliche oder künstliche Wasserflächen wie den lac de Saint-Chamond im Osten der Stadt.
Die Stadt verfügt über zahlreiche Kanäle, die mitunter ein komplexes Kanalsystem bilden können.[8] Die Kanäle wurden im Laufe der Zeit angelegt und dienten einst der Bewässerung der Ackerflächen sowie der Versorgung der Wassergräben, die Avignon umgaben.
Im 10. Jahrhundert wurde ein Teil des Wassers der Sorgue d’Entraigues umgeleitet, das heute unter den Stadtmauern bis zur Innenstadt fließt. Die Wasserläufe wurden „Canal de Vaucluse“ genannt, aber die Einwohner nennen sie immer noch „la Sorgue“ oder „Sorguette“. Sie ist in der Innenstadt entlang der Rue des Teinturiers (Tuchfärbergasse) sichtbar. Sie versorgte die Wassergräben der ersten Stadtmauern, danach die neuen östlichen Stadtmauern des 14. Jahrhunderts. Im 13. Jahrhundert (Urkunde von 1229) wurde ein Teil des Wassers der Durance abgezweigt, um die Versorgungsanlagen der Wassergräben zu verstärken und um dann nach Bonpas geleitet zu werden. Diese Wasserläufe wurden später „la Durançole“ genannt. Die Durançole versorgte die westlichen Wassergräben der Stadt. Sie wurden auch genutzt, um das Ackerland von Montfavet zu bewässern. In der Innenstadt sind diese Wasserläufe meistens unter den Straßen oder den Wohnhäusern versteckt und dienen heute als Abwasserkanäle.
Daneben wurden der Canal de l’Hôpital (der sich mit der Durançole vereinigt) und der Canal de Crillon (1775) gegraben, die die Gebiete von Montfavet, Le Pontet und Vedène bewässerten.[9] Die beiden Kanäle teilen sich in zahlreiche „Phiolen“ auf (provenzalisch filhòlas oder fiolo). Auf gleiche Art und Weise wurde der Canal Puy (1808) angelegt, der die ehemaligen Gärten im Süden von Avignon bewässerte. All diese Kanäle leiten das Wasser der Durance ab und wurden anfangs genutzt, um die einst sehr steinigen Böden zu überschwemmen und mit den Kalksteinablagerungen zu düngen.
Die Kanäle dienten außerdem zum Antrieb zahlreicher Mühlen.
Klima
Avignon steht unter Einfluss des Mittelmeerklimas. Niederschlag gibt es in einem Rhythmus von vier Phasen: zwei trockene Jahreszeiten (eine kurze am Winterende und eine sehr lange und stark ausgeprägte im Sommer) und zwei regenreiche (eine im Herbst mit ergiebigem Regen bis hin zu Wolkenbrüchen und eine im Frühling). Die Sommer sind unter Einfluss von subtropischen Hochdruckgebieten warm und trocken, werden aber von teilweise heftigen Gewitterstürmen unterbrochen. Die Winter sind mild mit wenig Niederschlägen und nur seltenem Schneefall.[10]
Laut Météo-France gibt es im Jahr durchschnittlich 45 Tage mit mehr als 2,5 Liter Niederschlag pro Quadratmeter. Insgesamt beträgt die jährliche Niederschlagsmenge durchschnittlich 660 l/m². Die Durchschnittstemperaturen liegen je nach Jahreszeit zwischen 0 °C und 30 °C. Die Rekordtemperaturen seit den Aufzeichnungen der Station des INRA liegen bei 40,5 °C während der europäischen Hitzewelle 2003 am 5. August 2003 (und 39,8 °C am 18. August 2009) und bei −12,8 °C am 5. Januar 1985. Die meteorologischen Werte wurden im Agroparc d’Avignon gemessen.
Der Hauptwind ist der Mistral, der mitunter Windgeschwindigkeiten von 110 km/h erreichen kann. Er weht zwischen 120 und 160 Tage im Jahr, mit einer Durchschnittsgeschwindigkeit von 90 km/h pro Bö.[11]
Monatliche Durchschnittstemperaturen und -niederschläge für Avignon
Quelle: MSN Météo[12] |
Avignon hat sich aus historischen und strategischen Gründen zwischen der Rhône, die als erster natürlicher Schutzwall diente, und dem Rocher des Doms entwickelt, der einen weiten Ausblick ermöglicht (oder einen Blick auf den Papstpalast). Die Stadt hat eine größtenteils runde Form, die an mehreren Stellen ausgeweitet ist. Die ersten Stadtmauern tauchten im ersten Jahrhundert auf und wurden nach und nach den Erfordernissen entsprechend modernisiert.
Eingemeindungen
Zwischen 1790 und 1794 wurde Montfavet in die Gemeinde von Avignon aufgenommen. Danach löste sich Avignon 1870 von Morières-lès-Avignon und 1925 von Le Pontet.
Am 16. Mai 2007 gab die Gemeinde von Les Angles in Gard dreizehn Hektar Land an Avignon ab.[13]
Fläche und Bevölkerung
Die Gemeinde von Avignon besitzt eine Fläche von 64,78 km² und eine Bevölkerungszahl von 91.657 (2010) und lässt sich damit folgendermaßen einordnen:[13]
Platzierung | Fläche | Bevölkerung | Bevölkerungsdichte |
---|---|---|---|
Frankreich Frankreich | 524. | 046. | 632. |
Provence-Alpes-Côte d’Azur | 105. | 005. | 023. |
Vaucluse | 006. | 001. | 002. |
Innenstadt
Die Innenstadt bezeichnet den Teil der Stadt, der sich innerhalb der Stadtmauern befindet und wird im Französischen als Intra-muros bezeichnet. Die Gebäude sind dementsprechend mehrheitlich sehr alt, dennoch wurden mehrere Stadtviertel im Laufe der Jahre stark verändert (Durchschlag der Rue de la République während des Zweiten Kaiserreiches, Bau „haussmannisierter“ Fassaden, Umgestaltung des Place de l’Horloge und des heutigen Rathauses im neoklassizistischen Stils, sowie des Theaters und des quartier de la Balance) und verschiedene Gebäude (Postamt, Lycée Frédéric-Mistral) neu errichtet.[14]
In den 1960er Jahren wurde Avignon, zur Zeit der Errichtung der Secteurs sauvegardés (städtebauliche Schutzzonen), Gegenstand einer wichtigen Debatte. Der damalige Bürgermeister schlug eine radikale Renovierung des quartier de la Balance vor, bei dem ungefähr zwei Drittel der Bauten ohne Rücksicht auf den Denkmalschutz abgerissen werden sollten. Man fand schließlich eine Kompromisslösung, bei der tatsächlich ein Teil des Viertels ganz neu aufgebaut wurde. Nur das Gebiet nahe dem Papstpalast wurde verschont und erfuhr eine echte Restaurierung.[15]
Außenbezirke
Im Gegensatz zum Stadtzentrum mit seinen engen Gassen und großem Altbaubestand sind die Außenbezirke (Extra-muros) von moderner Architektur geprägt. Es gibt folgende Viertel:
- im Norden: Saint Jean Grange d’Orel, Reine Jeanne, Neuf Peyre
- im Süden: Saint Chamand, la Rocade Charles de Gaulle, La Croix des oiseaux, Les Sources
- im Osten: Pont-des-deux-eaux, La Croisière
- im Westen: Louis Gros, Champfleury, Monclar
Antike
Die Besiedlung des Gebietes um Avignon geht bis in die Jungsteinzeit, ins vierte Jahrtausend vor Christus zurück. Erste Besiedlungsspuren konnten auf dem steilen Felshügel Rocher des Doms nachgewiesen werden, der die Bewohner sowohl vor Feinden als auch vor regelmäßigen Hochwassern der Rhône schützte.
Etwas später gründete das keltoligurische Krieger- und Fischervolk der Kavaren eine erste befestigte Ansiedlung mit dem Namen Aouenion, was so viel wie „Herr der Wasser“ bedeutet.[16]
Dank der günstigen strategischen Lage legten im sechsten oder fünften Jahrhundert vor Christus die Phokäer von Marseille einen befestigten Flusshafen und einen Warenumschlagplatz (Emporion) namens Avenio an, der vor allem flussabwärts verschiffte Waren aufnehmen sollte. Der neue Name bedeutete so viel wie „Stadt der gewaltigen Winde“[16] und findet sich auch auf Münzen geprägt.[17]
Unter der ab 48 v. Chr. beginnenden[16] römischen Herrschaft kommt es zum Ausbau des Flusshafens[18] und zur Umbenennung der Stadt in Colonia Iulia Augusta Avenionesium. Außerdem wurde die Stadt zu einem florierenden Gemeinwesen erweitert. Kaiser Hadrian verlieh ihr den Status einer römischen Kolonie.[16]
Von der römischen Stadt sind nur wenige Überreste erhalten. Lediglich Teile einer Säulenhalle und eines Forums zeugen von der antiken Architektur. Die meisten Bauten wurden vermutlich zur Zeit der Päpste zerstört oder überbaut.[17]
Früh- und Hochmittelalter
Die Christianisierung wurde möglicherweise Ende des dritten Jahrhunderts vollzogen.[19] Außerhalb der Stadtmauern existierte eine kleine christliche Gemeinde, die als Vorläuferin der Abtei Saint-Ruf gilt.
Während der Völkerwanderung verlor Avignon an Bedeutung. Kriege und Epidemien sorgten für einen Rückgang der Bevölkerungszahl, sodass nur noch ein kleiner Bezirk um den Rocher des Doms besiedelt war. 737 verbündete sich die Stadt mit den in die Provence einfallenden Sarazenen. Als Vergeltung kam es in der Schlacht bei Avignon zur Eroberung durch die Truppen Karl Martells, die die Stadt bis auf die Grundmauern niederbrannten.[20]
Danach setzten die Entwicklung des Feudalwesens und eine lange Periode des Friedens ein. Die Herrschaft über die Stadt war zwischen dem Bischof, der einen Palast neben der Kathedrale besaß, und dem Grafen der Provence, der auf dem Rocher des Doms residierte, geteilt.[21]
Im Jahr 932 bildete sich aus den Königreichen von Provence und Hochburgund das Königreich Arelat, in dem Avignon eine der wichtigsten Städte war. Mit Angliederung des Königreiches von Arles an das Heilige Römische Reich 1032 unterstanden Avignon und die Provence dem deutschen Kaiser. Die Rhône bildete zum Königreich Frankreich von nun an die neue westliche Grenze des Kaiserreiches und konnte nur über eine alte Holzbrücke bei Avignon überquert werden.
Im 12. Jahrhundert errang Avignon den Status einer sich selbst verwaltenden Stadtrepublik nach italienischem Vorbild. In dieser Zeit entstanden ein erster Mauerring und die St.-Bénézet-Brücke, mit der sich die Stadt zu einem bedeutsamen Durchreisepunkt im Süden Frankreichs entwickelte.
Zur Zeit der Albigenserkriege kämpfte die Stadt auf Seiten der Albigenser und verweigerte König Ludwig VIII. 1226 die Durchreise, was zur Belagerung von Avignon führte. Avignon wurde drei Wochen lang ausgehungert und musste schließlich kapitulieren. Es kam zur Zerstörung der Festungsanlagen und einer schweren Beschädigung der Brücke.[22]
Um 1250 schaffte Ludwigs Bruder Karl I. von Anjou die kommunale Selbstverwaltung wieder ab und stellte die Stadt erneut unter gräfliche Herrschaft.[17] Seit 1290 gehörte sie dem Grafen der Provence Karl II. von Anjou, der zugleich König von Neapel und ein treuer Vasall der Kirche war.[23]
Bereits 1303, noch vor Ankunft der Päpste, gründete Papst Bonifaz VIII. die Universität Avignon in Konkurrenz zur Pariser Sorbonne.[24]
Papsttum von Avignon
Anfang des vierzehnten Jahrhunderts führten Machtkämpfe in Rom dazu, dass Avignon für siebzig Jahre lang zum Sitz der Päpste und damit zur Hauptstadt des Christentums wurde. Nach dem kurzen Pontifikat des bereits 1304 verstorbenen Benedikt XI. ließ sich sein Nachfolger Clemens V. mit Unterstützung des französischen Königs Philipp der Schöne als erster Papst auf französischem Boden krönen. Nach der Krönung in Lyon wurde die päpstliche Residenz zunächst in die Grafschaft Venaissin verlegt,[18] die seit dem Ende des Albigenserkreuzzugs päpstliches Eigentum war.[23] Im Jahr 1309 erfolgte der Umzug nach Avignon. Clemens’ Nachfolger Johannes XXII., vorher Bischof von Avignon, nahm zunächst seinen dauerhaften Sitz im Bischofspalast ein. Benedikt XII., ein hochgebildeter Zisterzienser, ließ den ersten Teil des Papstpalastes (Alter Palast) bauen. Clemens VI., der als prunk- und kunstliebend galt, errichtete den Neuen Palast. Außerdem kaufte er 1348 die Stadt für 80.000 Goldgulden von Johanna I. aus Neapel und verleibte Avignon somit dem Kirchenstaat ein. Innozenz VI., der von 1352 bis 1362 amtierte, ist die heutige Stadtmauer zu verdanken.[25]
Schon Urban V. versuchte, wieder nach Italien zurückzukehren, doch erst Papst Gregor XI. gelang es, sich gegen den französischen König durchzusetzen und 1377 den Sitz zurück nach Rom zu verlegen. Dabei bekam er moralische Unterstützung von Katharina von Siena, die ihm half, das Exil zu beenden.[25] Da die französischen Kardinäle mit der Wahl seines Nachfolgers Urban VI. unzufrieden waren, wählten sie Clemens VII. zum Gegenpapst, der erneut von Avignon aus sein Amt ausübte. Mit dieser Wahl setzte das Große Abendländisches Schisma ein, das zur Spaltung der katholischen Kirche führte und erst wieder mit dem Konzil von Konstanz 1414 beendet wurde. Als letzter Papst übte Benedikt XIII. von 1394 bis 1417 sein Pontifikat in Avignon aus.[25] Insgesamt residierten sieben römische Päpste in der Stadt, außerdem zwei Gegenpäpste, die nicht von der katholischen Kirche anerkannt wurden.
Die Verlegung des Papstsitzes nach Avignon sollte sich nachhaltig auf das Stadtbild auswirken. Der mächtige Papstpalast entstand und um die Stadt herum ein Verteidigungswall. Hinzu kamen gotische Kirchen, Klöster und Türme sowie eindrucksvolle Kardinalslivrées. Der neue Papsthof wurde zu einem der glanzvollsten Höfe des Mittelalters. Mit dem Papsttum begann gleichzeitig der Aufschwung der Stadt. Avignon wurde zu einem intellektuellen, künstlerischen und kulturellen Zentrum. Im Gefolge der Päpste strömten viele Menschen in die Stadt, darunter Kardinäle, Kleriker, Adlige, Handwerker und Kaufleute. Aber auch Architekten, Bildhauer und Künstler wurden angezogen, wie etwa die italienischen Maler Matteo Giovanetti und Simone Martini oder der Dichter Francesco Petrarca. Zu der Zeit sollen etwa 30.000 Menschen in der Stadt gelebt haben, womit Avignon zu den großen Städten Westeuropas zählte.[25]
Jedoch konnten nicht alle Menschen gleichermaßen vom neuen Reichtum profitieren. Während innerhalb der Stadtmauern vor allem die Kardinäle und Adligen in Prunk und Wohlstand lebten, wurden die äußeren armen Stadtviertel von immer mehr Bettlern, Tagelöhnern und Prostituierten bewohnt. Die schlechten hygienischen Zustände begünstigten 1349 den Ausbruch der Pest, die ungefähr 11.000 Menschen das Leben kostete.[22] Darüber hinaus litt die Bevölkerung unter Dürreperioden, Hungersnöten und umherstreifenden plündernden Soldaten des Hundertjährigen Krieges.[23]
Frühe Neuzeit
Nach dem Weggang des letzten Gegenpapstes Anfang des fünfzehnten Jahrhunderts blieben Avignon und die Grafschaft Venaissin unter Verwaltung eines päpstlichen Gesandten. Als 1481 die Provence an das Königreich Frankreich fiel, hatte die Stadt sogar den Status einer päpstlichen Enklave auf französischem Boden.
Von den in Frankreich wütenden Hugenottenkriegen blieb auch Avignon nicht verschont. Nachdem es in Orange zur Zerstörung zahlreicher kirchlicher Güter durch Protestanten gekommen war, wurden von Avignon aus päpstliche Truppen in die Stadt entsandt, die dort ein Massaker veranstalteten. Als Vergeltungsmaßnahme wurde Avignon 1562 durch den Baron des Adrets belagert.[26]
In den darauffolgenden Jahrhunderten bis zur Französischen Revolution erlebte Avignon eine friedliche Zeit, in der es zum Bau neuer Häuser, Kirchen, Monumente und Hôtels kam. Eine Ausnahme bildete der Ausbruch der Großen Pest im Jahr 1721, der die zuvor 24.000 Einwohner zählende Stadt auf ein Viertel ihrer Bevölkerung dezimierte.[27]
Französische Revolution bis 21. Jahrhundert
Die Französische Revolution spielte sich in der Provence vor allem in den großen Städten Marseille, Aix, Arles und Avignon ab. 1790 kam es in der Provence zur Verwaltungsaufteilung in Départements. Für die Bildung des Départements Vaucluse wurde im Zuge der einsetzenden Entchristianisierung eine rasche Angliederung der päpstlichen Gebiete an Frankreich gefordert, was in Avignon zu einer papsttreuen Konterrevolution führte.[28] Diese blieb jedoch ohne Erfolg. Revolutionäre Truppen annektierten 1791 Avignon und die Grafschaft Venaissin, die damit ihren Sonderstatus verloren. 1793 wurde Avignon Hauptstadt des neu geschaffenen Départements Vaucluse. Bei den revolutionären Kämpfen kam es in der Stadt zur Zerstörung vieler Bau- und Kunstdenkmäler.
Zur Zeit des Zweiten Kaiserreiches wurde das Stadtbild weiter verändert. Es kam zur Verbreiterung der Rue de la République, zur Vergrößerung des Place Pie und zur Anlage von Lustgärten am Rocher des Doms.[29] Bei einem amerikanischen Luftangriff am 27. Mai 1944 kamen 300 Menschen ums Leben.[30]
Avignon ist mit 90.330 Einwohnern (Stand 1. Januar 2021) die größte Stadt im Département Vaucluse[31] und die 44-größte Stadt in Frankreich. Bei einer Landfläche von 64,78 km² entspricht dies einer Bevölkerungsdichte von 1394 Einwohnern je km². Das jährliche Bevölkerungswachstum beträgt 0.2 % (Durchschnitt 1999–2021). Die städtische Siedlungszone (Unité urbaine) von Avignon hatte im Jahr 2008 440.770 Einwohner,[32] das Gemeindegebiet (Aire urbaine) 507.626 Einwohner.[33]
Von 1793 bis 1911 stieg die Bevölkerungszahl stetig von 24.000 auf 49.304 an. Der Erste Weltkrieg sorgte für einen ersten leichten Bevölkerungsrückgang. Nach dem Zweiten Weltkrieg konnte ein Zuwachs der Bevölkerung beobachtet werden, der vor allem auf dem Zuzug vieler europäischer Siedler aus Algerien (Pieds-noirs) beruhte. Außerdem prägen die Einwanderung zunächst vor allem aus Italien, in den letzten Jahrzehnten aus Nordafrika, v. a. Marokko und der Türkei. Zwischen 1975 und 2000 setzte eine Stagnation ein. Verschiedenste Ursachen (Dienstleistungsangebote, Lebensqualität, Steuerbelastungen …) könnten den Attraktivitätsverlust der Gemeinde, die Abwanderung ihrer Einwohner und die Niederlassung in umliegende Gemeinden erklären. Die Stadt, deren Haupteinnahmequelle der Tourismus ist, zählt zu den ärmeren und strukturschwächeren unter den französischen Städten; die Arbeitslosigkeit liegt bei fast 22 %. Zuletzt konnte der Abwanderung durch eine Verbesserung der Infrastruktur wie etwa dem Bau des TGV-Bahnhofes oder durch innerstädtische Rehabilitations- und Entwicklungsprojekte teilweise entgegengewirkt werden.
Jahr | 1962 | 1968 | 1975 | 1982 | 1990 | 1999 | 2011 | 2018 |
---|---|---|---|---|---|---|---|---|
Einwohner | 72.717 | 86.096 | 90.786 | 89.132 | 86.939 | 85.935 | 90.194 | 91.729 |
Sakrale Bauten
Aufgrund der starken katholischen Präsenz in den vergangenen Jahrhunderten ist die Anzahl der aus architektonischer Sicht interessanten Sakralbauten hoch. Es gibt eine Kathedrale, die Cathédrale Notre-Dame-des-Doms, und zahlreiche Kirchen:
|
|
In der Synagoge von Avignon wird bereits seit mehreren Jahrhunderten die jüdische Religion praktiziert. Die Synagoge wurde nach einem Großbrand 1845 zerstört und ein Jahr später durch den Architekten Joseph-Auguste Joffroy vollständig rekonstruiert.
Einzige protestantische Kirche ist der Temple Saint-Martial. Die Stadt besitzt mit der Kirche Saints Cosme et Damien auch ein griechisch-orthodoxes Kirchengebäude.
Historisch recht jung ist die Moschee de la Rocade, die Moschee von Monclar als auch eine türkische Moschee. Während sich die katholischen Gebäude größtenteils innerhalb der Stadtmauern befinden, liegen die Moscheen ausschließlich in den Außenbezirken.
Weiterhin gibt es Niederlassungen der Zeugen Jehovas (auf der Höhe des Viertels von Montfavet), der Scientology-Kirche,[35] der laotisch-evangelischen Kirche[36] und der Kirche Jesu Christi der Heiligen der Letzten Tage.[37]
Friedhöfe
In Avignon befinden sich vier Friedhöfe:
- der Friedhof Saint-Véran, angelegt 1820, erstreckt sich auf zwölf Hektar und beherbergt 12000 Grabstätten.[38] Auf dem Friedhof steht seit 1999 ein Kolumbarium, das dazu bestimmt ist Bestattungsurnen aufzunehmen. Im Herzen des Friedhofs steht ein Denkmal für gefallene Harkis.[39]
- der Friedhof von Montfavet erstreckt sich auf sieben Hektar und beherbergt 4000 Grabstätten, darunter die von Camille Claudel. Der Friedhof nimmt auch andere religiöse Gemeinden auf (Juden, Moslems).[40]
- der Friedhof von Barthelasse besitzt zurzeit 125 Grüfte auf genau 2000 m²[41]
- der Friedhof von Saint-Roch (12. Jahrhundert) ist der älteste. Er erstreckt sich auf einer Fläche von ungefähr 2000 m². Der Ort gehört zu den Ländereien der jüdischen Gemeinde und ist nicht für die Öffentlichkeit zugänglich.[41]