Die Schwarze Szene im Spannungsfeld rechter Ideologien
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Seit den 1990er Jahren bildet die Schwarze Szene im Spannungsfeld rechter Ideologien einen gesonderten kultur- und sozialwissenschaftlichen Untersuchungsgegenstand. Die Adaption und Interpretation ideologischer und ästhetischer Elemente der Neuen Rechten und des Rechtsextremismus in der Schwarzen Szene stehen schon seit den Anfängen der schwarzen Subkultur in der Kritik und sind seit jeher ein in Szene-Chroniken und -Darstellungen berücksichtigter Aspekt. Die zwischen Dark Wave, Industrial und Post-Punk zum Ende der 1970er Jahre entstandene Szene wurde dabei erstmals in den 1990er Jahren einer intensiven kultur- und sozialwissenschaftlichen Untersuchung, im Hinblick auf die mögliche Affirmation rechtsextremer Ideologien, unterzogen. Resultierend wuchs in den 1990er und frühen 2000er Jahren eine journalistisch sowie kultur- und sozialwissenschaftlich geführte Debatte um Anknüpfungspunkt und Bezüge der Schwarzen Szene zum Rechtsextremismus und der neuen Rechten.
Die Schwarze Szene polarisierte bereits in ihrem Ursprung durch die Verwendung faschistoider Symbole und sah dabei auf eine Tradition zurück, die über den eigentlichen soziokulturellen Beginn der Szene selbst hinausgeht. Schon Interpreten, die als ästhetische und musikalische Vorreiter der Szene gelten, machten mit faschistoiden Requisiten, Äußerungen und Aktionen auf sich aufmerksam. Seither wurden das provozierende Spiel mit entsprechenden Symbolwerten sowie die allgemeine Beschäftigung mit dem Themenkomplex Totalitarismus und Faschismus in der Szene in immer neuen Facetten aufgegriffen. Die Ursprünge solcher Aktivitäten lagen zumeist in bewussten Provokationen und gezielten Tabubrüchen. Im Verlauf der Szene-Historie agierten einige Akteure zunehmend mit tiefergehenden Aspekten der zugehörigen Ideologien. Diese zeigten sich insbesondere in intertextuellen Bezugnahmen auf protofaschistische und nationalistische Ideologen, Künstler und Lyriker sowie in der ästhetischen Aufbereitung von Künstlern aus der Zeit des Nationalsozialismus.
Über die Bezüge lässt sich kein einheitlicher oder eindeutiger Vorwurf des Neonazismus gegen die Szene oder die einzelnen Interpreten generieren. Eine abschließende Selbstverortung im Rechtsextremismus nahmen nur vereinzelte Interpreten wahr. Vielmehr sahen und sehen sich die Musiker als Akteure außerhalb des politischen Spektrums. Trotzdem zeigten sich über das teils affirmative und teils kritisch-provozierende Verhalten Parallelen, welche von rechtsextremer und neurechter Seite als Anknüpfungspunkt an die Szene genutzt wurden und werden.
Während die ausdrückliche Offenheit gegenüber jedem Individuum einer kritischen Abgrenzung der Szene entgegenwirkt, fördern der Wille zum Tabubruch und die der Szene eigenen Kritik an der Moderne ebenso wie weitere thematische Überschneidungen das Potential zur Vereinnahmung, die im Besonderen durch die Neue Rechte angestrebt wurde.
Trotz vorhandener Bezüge und Kooperationen distanzieren sich die Interpreten häufig von rechtspopulistischem und rechtsextremem Gedankengut oder ziehen sich ohne ausdrückliche Abgrenzung auf eine allgemeine Interpretationsoffenheit ihres Gesamtwerkes zurück und lehnen jedwede Form der politischen Stellungnahme ab. Eine eindeutige ideologische Verortung kann daher nur in den wenigsten Fällen vorgenommen werden.