Frontaufklärung
operative Verbände und Führungsstellen der Abwehr der Wehrmacht / aus Wikipedia, der freien encyclopedia
Unter „Frontaufklärung“ waren die operativen Verbände und Führungsstellen der Abwehr der Wehrmacht zu verstehen, die sich im Zweiten Weltkrieg mit der frontnahen Spionage, Sabotage und Spionageabwehr/Gegenspionage befassten.[1] Frontaufklärung war somit eine Aufgabe des militärischen Geheimdienstes, die deshalb mit geheimdienstlichen Mitteln erfolgte. Dabei kamen meist V-Leute und Agenten zum Einsatz, die aus unterschiedlichen Gründen mit der Abwehr kooperierten. Träger der geheimen Aufklärung vor dem Krieg waren solche aus der Abwehr-Zentrale oder den Abwehrleitstellen geführte Verbindungen ins Ausland, z. B. zur ukrainischen Untergrundorganisation OUN.
Eng verbunden mit der Frontaufklärung war der ab 1941 offiziell als „Feindnachrichtendienst“ bezeichnete militärische Lagedienst innerhalb der Stäbe der großen Wehrmachtsverbände.[2] Träger des Feindnachrichtendienstes war in erster Linie der sogenannte Dritte Generalstabsoffizier oder Ic-Offizier, weshalb man den Feindnachrichtendienst auch als „Ic-Dienst“ bezeichnete. Die Feststellung der Feindlage war eine Führungsaufgabe, weshalb sie eine Generalstabsausbildung verlangte. Basis der Lageerfassung waren Meldungen der Truppe, Gefangenenvernehmungen und die Auswertung des Funkverkehrs und von Beutematerial.[3] Der Feindnachrichtendienst war prinzipiell für die militärische Analyse der Kräftegliederungen zur Lagedarstellung für die Truppenführung zuständig. Im Unterschied dazu hatte die Frontaufklärung die operative und geheime Beschaffung von militärischen und politischen Informationen zum Ziel, die auch die Kontrolle und Sicherheit der eigenen Kräfte beinhaltete. Die Frontaufklärung lieferte aber natürlich auch Beiträge zur Feindlage.
Die Frontaufklärung bestand schon vor Kriegsbeginn in Form der Abwehrleitstellen am Sitz der Wehrbezirke. Die dortigen Abwehroffiziere stellten bei Kriegsbeginn sowohl der Abwehr wie auch den Oberkommandos der Armeen die geheim beschafften Informationen über den Gegner zur Verfügung. Geheime Kommandos der Abwehrstellen und der Abwehrzentrale begleiteten die Wehrmachtseinheiten deshalb nach Kriegsbeginn. Diese Kommandos wurden von wissenschaftlich orientierten Spezialisten in Form von Reserve-Offizieren unterstützt, die Beziehungen und Kenntnisse in die jeweilige Zielregion hatten und deren Sprache und Kultur verstanden. Sie sorgten mit ihren Kenntnissen und Verbindungen dafür, dass der Frontaufklärung ausreichend Kollaborateure als V-Leute oder Dolmetscher zur Verfügung standen.
Nach Beginn des Russland-Feldzugs erhielten die Abwehrkommandos eine Nummerierung entsprechend ihres Einsatzbereichs, also 1xx für Abwehr I, 2xx für Abwehr II und 3xx für Abwehr III. Analog ging man bei den kleineren Abwehrtrupps vor. Im Osten erfolgte von 1941 bis 1943 die Ausbildung der Abwehrtrupps zentral in Sulejowek bei Warschau über die Leitstellen Walli I bis III unter der Gesamtführung von Oberstleutnant Heinz Schmalschläger.
Ab 1944 erhielten die Einheiten die neue Bezeichnung Frontaufklärungs-Kommandos (FAK) und -Trupps (FAT). Die Personalstärke dieser Kommandos lag laut Stellenplan bei 12 Offizieren, 17 Unteroffizieren und 39 Mann. Bei den Trupps waren es 6 Offiziere, 13 Unteroffiziere und 22 Mann.[4]
Die von ihnen gesammelten Informationen wurden über frontnahe „Meldeköpfe“ an die Abwehr-Leitstellen und an die Zentralen der Abwehr I, II oder III weitergegeben. Natürlich erhielten auch die Stäbe der Heeresgruppen und Armeen die Ergebnisse der Frontaufklärungsverbände. Aufträge erhielten die Abwehrtrupps entweder von der Zentrale der Abwehr I, II oder III, von den Abwehr-Leitstellen oder unmittelbar von den Ic/Abwehroffizieren in den höheren Stäben der Wehrmacht. Die Einheiten konnten darüber hinaus auch im eigenen Ermessen operieren.