Großindustrie und Aufstieg der NSDAP
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Die Frage nach dem Anteil der Großindustrie am Aufstieg der NSDAP ist in der Geschichtswissenschaft ein zentraler Gegenstand in der politischen und wissenschaftlichen Auseinandersetzung mit dem Nationalsozialismus und der Endphase der Weimarer Republik. Umstritten ist dabei vor allem, ob und wie weit die Großindustrie die NSDAP in den entscheidenden Jahren nach der Reichstagswahl von 1930 bis zum Beginn der nationalsozialistischen Herrschaft 1933 förderte.
Im Wesentlichen standen sich dabei drei Interpretationsrichtungen gegenüber: Der marxistisch-leninistischen Agententheorie, nach der die Nazis bezahlte Interessenvertreter der Industrie waren, widersprach der amerikanische Historiker Henry Ashby Turner seit den 1970er Jahren in verschiedenen Publikationen. Er bestritt einen systematischen Zusammenhang zwischen großindustriellen Interessen und nationalsozialistischer Politik vor 1933. Mit seinen Forschungsergebnissen löste er eine scharf geführte Kontroverse aus. Eine mittlere Position erklärte den Aufstieg des Nationalsozialismus aus den sozialökonomischen Bedingungen heraus, sah die NSDAP aber keineswegs komplett abhängig von großindustriellen Interessen.[1] Turners Positionen wurden aber hauptsächlich bestätigt. Heute wird die These, die finanzielle Unterstützung durch Industrielle sei ein entscheidender Faktor für den Aufstieg der NSDAP zur Macht gewesen, von der Lehrmeinung in der Geschichtswissenschaft abgelehnt.